Nachhaltige Finanzierungen, Transitionsplanung
Sicherung des langfristigen wirtschaftlichen und ökologischen Erfolgs
Die Erreichung des Netto-Null-Ziels erfordert die Transformation aller Branchen der gesamten Volkswirtschaft – kein leichtes Unterfangen, insbesondere für CO2-intensive Branchen. Gerade wo die Zielvorgaben besonders streng sind, hat sich die Transitionsplanung zu einer bedeutenden strategischen Priorität entwickelt.
Anja Sommerfeld, Debt Capital Markets, Bond Origination, und Wolfgang Vitzthum, Head of Sustainable & Transition Finance Advisory, untersuchen den Business Case der Transitionsplanung, das sich wandelnde aufsichtsrechtliche Umfeld für nachhaltiges Wirtschaften sowie die zentrale Rolle der Finanzinstitute als Lotsen der Transformation.
Der Business Case für die Transitionsplanung
In der heutigen Geschäftswelt stellen Investoren, Banken und Geschäftspartner immer höhere Anforderungen an das ökologische und soziale Bewusstsein von Unternehmen. Während Dekarbonisierungsbestrebungen schon seit Längerem von Bedeutung sind, wird von Unternehmen nun mehr erwartet, als sich nur ehrgeizige Ziele zu setzen. Sie müssen ihren Worten auch Taten folgen lassen, indem sie umfassende und spezifische Roadmaps zur Erreichung dieser Ziele konzipieren.
Die Transitionsplanung hat sich bei der Umsetzung der Zielvorgaben zu einem zentralen Instrument entwickelt, mit dem Unternehmen ihr Engagement für nachhaltige Geschäftspraktiken unter Beweis stellen und gleichzeitig ihre finanzielle Leistungsfähigkeit bewahren oder sogar steigern können. Diese Art der Planung hilft Organisationen dabei, Schwerpunkte für die Transformation zu setzen und dabei gleichzeitig sowohl potenzielle Bedrohungen für die Profitabilität als auch künftige Chancen zu identifizieren.
Mit einem Transitionsplan erfüllen Unternehmen nicht nur ihre aufsichtsrechtlichen Pflichten, sie zeigen ihren Stakeholdern damit auch, dass Nachhaltigkeitsaspekte integraler Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie sind. Das zeigt nachhaltigkeitsbewussten Anlegern, wie das Unternehmen beabsichtigt, die Transformation in das bestehende operative Geschäft zu integrieren und dabei die Rentabilität zu erhalten oder bestenfalls zu steigern. Das hilft Unternehmen wiederum dabei, sich das Kapital zu sichern, das es für die Transformation braucht.
Aber wie genau sieht das in der Praxis aus? Ein erfolgreicher Transitionsplan umfasst Verpflichtung, Messbarkeit und Integration: die Verpflichtung zu dem Netto-Null-Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Festlegung messbarer Zwischenziele (gemäß den Berichtsstandards) und – integriert in die Finanzplanung – den Nachweis der technischen Umsetzbarkeit. Dabei gilt es, branchenspezifische Dekarbonisierungspfade, regulatorische Anforderungen, wie etwa CO2-Bepreisung sowie die zukünftige Tragfähigkeit bezüglich technologischer Innovationen, neuer Marktteilnehmer und künftiger Nachfragedynamiken zu berücksichtigen.
Es steht mehr auf dem Spiel denn je: Wenn Unternehmen sich den Zugang zu wichtigen Finanzierungen sichern möchten, müssen sie bei der Berichterstattung ins Detail gehen – auch wenn ihre Fähigkeit dazu je nach Branche und Unternehmensgröße unterschiedlich ausfallen kann.
Mit einem Transitionsplan erfüllen Unternehmen nicht nur ihre aufsichtsrechtlichen Pflichten, sie zeigen ihren Stakeholdern damit auch, dass Nachhaltigkeitsaspekte integraler Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie sind.
Debt Capital Markets, Bond Origination
Umsetzung von Transitionsplänen für Unternehmen in allen Branchen
Grüne Finanzierungen sind in den vergangenen Jahren klar auf dem Vormarsch. Doch damit die weltweiten Anstrengungen zur Dekarbonisierung gelingen, wird es mehr brauchen als die Priorisierung grüner Projekte wie Initiativen für erneuerbare Energien. Branchen, die als CO2-intensiv oder schwierig zu dekarbonisieren gelten, wie etwa die Industrie sowie die Chemie- und Stahlbranche, sind maßgeblich für die Weltwirtschaft – und sie werden es auch bleiben. Für Unternehmen in diesen Branchen ist die Transitionsplanung unverzichtbar, da sie der Schlüssel für den Zugang zu nachhaltiger und insbesondere zu Transitionsfinanzierung sein kann.
Aktuelle Methodiken zur nachhaltigen Finanzierung neigen zur Vereinfachung. Sie teilen Wirtschaftstätigkeit entweder in grüne oder braune Aktivitäten ein, was es den schwierig zu dekarbonisierenden Branchen erschwert, nachhaltigkeitskonforme Aktivitäten zu definieren. Die Transformation dieser Sektoren erfordert erhebliche Investitionen in neue Produktionsanlagen und Technologien. Genau hier zeigen sich die Stärken von Bankpartnerschaften: Sie helfen dabei, das notwendige Kapital für tiefgreifende Veränderungen zu mobilisieren.
Finanzierungslösungen für diese Branchen erfordern Transformationsstandards, die den Ambitionsgrad und die Angemessenheit des Transformationspfads eines Unternehmens präzise bewerten. Solche Lösungen erfordern innovative Herangehensweisen, z. B. den Fokus auf zusätzliche Kennzahlen wie den EU-Taxonomie-konformen CapEx-KPI. Auch Subventionen oder andere Arten staatlicher Unterstützung können hier eine Rolle spielen.
Bei der Transitionsplanung müssen zudem die Prioritäten und Betriebsabläufe von Unternehmen unterschiedlicher Größe in Betracht gezogen werden. Die Größe eines Unternehmens beeinflusst seine langfristigen Prioritäten ebenso sehr wie die Branche, in der es sich bewegt. Mittelständische und Familienunternehmen legen beispielsweise weniger Wert auf Klassifikationsmethoden und Berichterstattung im Bereich der grünen Finanzierung und konzentrieren sich viel direkter auf die Eigenkapitalrendite. In jedem Fall ist es von entscheidender Bedeutung, dass ein Transitionsplan aufzeigt, wie die Profitabilität durch eine solide Transformation zumindest aufrechterhalten und im Idealfall sogar verbessert werden kann.
Auch wenn sie weniger Transparenzanforderungen unterliegen als große Unternehmen, müssen auch diese Akteure Nachhaltigkeitsstandards in ihren Lieferketten einhalten – trotz eher begrenzter Ressourcen für Überwachung und Aufsicht. In einigen Fällen besteht die Gefahr, dass kleinere Unternehmen durch zu strenge Berichtspflichten belastet werden.
Ein erfolgreicher Transitionsplan umfasst Verpflichtung, Messbarkeit und Integration: die Verpflichtung zu dem Netto-Null-Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Festlegung messbarer Zwischenziele (gemäß den Berichtsstandards) und – integriert in die Finanzplanung – den Nachweis der technischen Umsetzbarkeit.
Head of Sustainable & Transition Finance Advisory
Warum es auf die Unterstützung durch Finanzinstitute ankommt
Banken sind wichtige Partner für Unternehmen jeglicher Größe, die Profitabilität und Transformation erfolgreich in Einklang bringen möchten. Finanzinstitute können bei der Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle sowohl auf branchenspezifische Expertise als auch auf fundierte Kenntnisse der Kapitalmärkte zurückgreifen. Sie können aufzeigen, wie ESG-Daten bei der strategischen Planung eingesetzt werden können, und Unternehmen zudem dabei helfen, die sich ständig weiterentwickelnden Berichterstattungsanforderungen zu erfüllen, die sich immer noch von Markt zu Markt unterscheiden.
Mehr noch: Finanzinstitute wissen um die Prioritäten der Anleger und verstehen, dass die Nachhaltigkeitsstrategie eines Emittenten ein wesentlicher Bestandteil der Kreditanalyse der Investoren ist. Institutionelle Investoren erwarten heutzutage detaillierte Strategien, die aufzeigen, wie sich die Erfüllung von Dekarbonisierungszielen auf Geschäftsmodelle und den Schuldendienst auswirken wird. Banken können außerdem Lösungen bereitstellen, die dabei helfen, kurzfristige Profitabilitätsrückgänge abzumildern.
In Sektoren, in denen sich die Dekarbonisierung schwierig gestaltet, sind große Projekte zur Transformationsfinanzierung besonders kapitalintensiv. Ohne die flexiblen Finanzierungslösungen der Banken wären viele dieser Projekte gar nicht durchführbar.
So wurde beispielsweise vom Stahlhersteller Salzgitter in 2024 das SALCOS®-Programm gestartet, das darauf abzielt, die CO2-Emissionen in seiner Stahlproduktion bis 2033 schrittweise um 95 Prozent zu reduzieren. Dazu sollen die derzeit genutzten Hochöfen schrittweise durch Direktreduktionsanlagen und Elektrolichtbogenöfen ersetzt werden. Ursprünglich auf Erdgas basierend, soll grüner Wasserstoff die derzeit im konventionellen Hochofenprozess verwendete Kohle ersetzen. Die erste Phase des Programms, die in mehreren Schritten stattfinden wird, umfasst ein Investitionsvolumen von ungefähr 2,3 Mrd. Euro. Ermöglicht wurde dies durch einen Konsortialkredit über 1,03 Mrd. Euro und zwei durch Exportkreditagenturen gedeckte Exportkredite in Höhe von insgesamt 500 Mio. Euro, die von ausgewählten Finanzinstituten, darunter auch die Commerzbank, bereitgestellt wurden.
Regulierung – vom Hindernis zum Wegbereiter
Trotz oder gerade auch wegen des wachsenden Interesses an der Transitionsplanung seitens der Unternehmen wird vielfach auf die Beschränkungen des aktuellen regulatorischen Umfeldes verwiesen. Standards können sich je nach Markt stark unterscheiden und sind leider oft schwer in der Handhabung oder stützen sich auf ungeeignete Messgrößen – ein Hindernis sowohl für Banken als auch Unternehmen. Ein Hauptgrund dafür, dass die Transformationsfinanzierung auf den Anleihemärkten nur schwer Fuß fasst, ist beispielsweise das Fehlen einheitlicher internationaler Rahmenwerke für die Beurteilung von Dekarbonisierungszielen.
Die Nachhaltigkeitspflichten erstrecken sich nicht nur auf den internen Betrieb, sondern auf die gesamten Lieferketten. Das erfordert eine internationale Standardisierung, die den länderspezifischen Besonderheiten Rechnung trägt. Es gibt jedoch Fortschritte: Die Berichtsstandards in den verschiedenen Ländern mögen zwar komplex erscheinen, doch nimmt die Interoperabilität zu. Verschiedene Aufsichtsbehörden haben Schritte unternommen, um Schwachstellen zu beheben.
So erntete etwa die Einführung der EU-Taxonomie im Juni 2020 Kritik für ihren Fokus auf die Finanzierung von Umweltschutzbemühungen und den Ausschluss von schwierig zu dekarbonisierenden Branchen. Als Reaktion darauf bietet die 2023 eingeführte Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) einen pragmatischeren Ansatz, der Unternehmen mehr strategische Autonomie einräumt.
Durch die Harmonisierung von Transition-KPIs kann die CSRD jene Standardisierung bereitstellen, die notwendig ist, um das Potenzial von Transformationsfinanzierungen auf den Kapitalmärkten zu erschließen. Während asiatische Emittenten bereits Pionierarbeit im Segment der Transition Bonds leisten, erwarten wir, dass Europa im Laufe des Jahres 2025 nachziehen wird.
In der Zwischenzeit arbeiten der International Sustainability Standards Board (ISSB), die Global Reporting Initiative (GRI) und die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) an der Harmonisierung der Rahmenwerke. Durch die Förderung der Harmonisierung von Datensätzen verbessern diese Berichtsrahmen die Transparenz der Wertschöpfungsketten. Dies ist ein wesentlicher Aspekt, da die Datentransparenz ein großes Hindernis für die Beurteilung der Nachhaltigkeitsleistung von Lieferanten ist.
Fazit: Transitionspläne müssen den Business Case für Nachhaltigkeit darlegen
Der Markt unterstützt auch die Bemühungen zur Förderung der Interoperabilität. Im Automobilsektor wurde das Berichtswesen beispielsweise durch die Informationsanforderungen von Investoren und Erstausrüstern (z. B. Task Force on Climate-related Financial Disclosures, TCFD) verbessert, einschließlich Transitionsplänen (z. B. ISSB Transition Plan, UK Transition Plan Taskforce).
Eine solide Transitionsplanung wird für Führungskräfte in Unternehmen aus den unterschiedlichsten Wirtschaftssektoren ein wichtiger strategischer Schwerpunkt bleiben. Es gibt Hinweise darauf, dass die meisten Hersteller weltweit nachhaltige Verpflichtungen einhalten und dasselbe von ihren Zulieferern erwarten. Auch Banken in der EU, den USA sowie in Asien haben dies erkannt und erweitern ihr Angebot an Beratungs- und Finanzierungsdienstleistungen. Die wenigen Banken, die sich Anfang 2025 aus der Net-Zero Banking Alliance (NZBA) zurückgezogen haben, taten dies in erster Linie nicht aus Gründen einer strategischen Neuausrichtung, sondern um rechtliche (z. B. kartellrechtliche) Risiken zu vermeiden.
In Zukunft sollten die standardsetzenden Institutionen eine Überregulierung vermeiden und sich auf positive Anreize zur Belohnung von Fortschritten konzentrieren sowie stabile Rahmenbedingungen schaffen.
Die Qualität der Regulierung und ihre Fähigkeit, komplexe Prozesse zu straffen, müssen im Mittelpunkt stehen. Der Klimawandel ist ein globales Problem und die Lieferketten von Unternehmen umspannen in der Regel mehrere Länder. Doch auch wenn das übergeordnete Ziel Harmonisierung lautet, ist es wichtig, regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Nachhaltigkeitswende vollzieht sich weltweit mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und weist regionale – oder sogar nationale – Eigenheiten auf.
Letztendlich hat die nachhaltige Transformation inzwischen genügend Schwung aufgenommen, sodass ein Stopp unmöglich ist – aber auch unerwünscht. Nachhaltigkeit ist eine Investitionsmöglichkeit – und in vielen Fällen auch ein Business Case für Unternehmen. Die Transitionsplanung wird als wichtiger Bestandteil der Unternehmensstrategie in allen Branchen und für Unternehmen jeglicher Größe weiter an Bedeutung gewinnen.
Der Weg, der vor uns liegt, ist klar. Und als wichtige Berater und Anbieter von Finanzierungslösungen helfen Banken den Unternehmen, sich in die richtige Richtung zu bewegen.
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